Der zweite, kurze Teil der Story. Wir sind zweieinhalb Jahre weiter, und das Dorf versucht, etwas gegen die Erpressung zu unternehmen.
Ob das wohl erfolgreich ist?
Zehn Kühe pro Quartal von der ganzen Baronie, das war machbar, aber immer noch hart. 40 Kühe im Jahr. Als Lehnsherr tat dies dem Baron am meisten weh. Und als, zusammen mit der hundertsten Kuh, der Wachhund verschwand, sein bester Jagdhund, der die Kühe bewachen sollte, schickte er um einen Drachenjäger.
Der Drachenjäger war ein verdrecktes, ungepflegtes Etwas. Wo auch immer er hinging, folgte ihm eine Hülle aus Gestank und blieb zurück, fast als habe der Geruch einen eigenen Willen. Sein Name war unaussprechlich, deshalb nannten alle ihn Gargi. Er war ein Zwerg.
Sie war gerade sechs Jahre alt geworden, und fast so groß wie der Zwerg.
In der Dorfkneipe erzählte man Gargi, wie alles ablief. Wie die Kühe abends auf den Dorfplatz geführt wurden. Wie sie nachts verschwanden und nur ein paar Fladen hinterließen.
"Hat der Drache auch Leute entführt?" wollte Gargi wissen.
Seltsam genug: Die Antwort war nein. Einige der älteren Mädchen im Dorf blickten verlegen in ihre Weinbecher. Sie hatten daran gedacht fortzulaufen, unter der Ablenkung des Drachen – das Dorf würde drei Monate lang nicht erfahren, dass sie nicht vom Drachen mitgenommen worden wären. Aber stattdessen waren sie zusammen mit dem Rest des Dorfes eingeschlafen, und erst am nächsten Morgen erwacht. Wenigstens waren sie schlau genug gewesen, sich still zu halten.
Ein paar von den Jungs hatten allerdings versucht, einen Blick auf den Drachen zu erhaschen. Das hatte sie auch. Aber auch die Jungs – und sie auch – waren Opfer des Schlafes geworden.
Gargi blieb drei Tage, aß und trank auf ihre Kosten. Dann war der Tag gekommen. Das Dorf brachte die Kühe auf den Dorfplatz, und Gargi machte sich bereit, dem Drachen entgegenzutreten.
Am nächsten Morgen waren die Kühe fort. In einer Ecke des Dorfplatzes fand man Gargis Kleider, Kettenhemd und seine Waffen; in der gegenüberliegenden Ecke lag Gargi selbst, leise schnarchend, ohne dass ihn die kalte Winterluft auf seiner nackten Haut gestört hätte.
Als er vom allgemeinen Gelächter geweckt wurde, verlor Gargi keine Zeit damit, sich anzuziehen. Er schnappte sich seine Sachen und rannte fort, auf Nimmerwiedersehen.
Das war das einzige Mal, dass das Dorf einen Drachenjäger angeheuert hatte.