Dies ist eine Geschichte, die ich vor einigen Jahren geschrieben habe. Es war eine Schreibaufgabe, das Thema “ Lichter im Dunkel“ inspirierte mich zu dieser kleinen Fabel um einen gefährlichen Sumpf. Lesern gefällt relativ häufig, dass in dieser Geschichte kein er sagt-sie sagt geschrieben ist, sondern nur der Dialog (Trialog?) wiedergegeben wird und man trotzdem jederzeit genau weiß, wer gerade spricht.
Die Wendung am Ende mag ein wenig klischeehaft sein, mir gefällt sie jedoch und irgendwie passt sie zu der Geschichte.
Omi, komm, erzähl mir eine Geschichte!
Muss das wirklich sein?
Ja, Omi, bitte. Du weißt, wie sehr ich deine Geschichten liebe.
Nun denn, Kleiner, setz dich und hör zu.
Oh ja… Ich bin ja schon ruhig.
Nun, was soll ich dir erzählen? Die Geschichte vom Kalifen, der…
Nein, erzähl mir eine Geschichte, die ich noch nie gehört habe. Eine Geschichte voller Gefahren und Geheimnisse.
Nun denn, ich schau mal. Jetzt… Das geschah alles vor vielen Jahren, an einem Ort den du nicht erkennen würdest. Es war ein kleines Dorf…
So wie unser Dorf?
Nein, viel kleiner. Es gab nur ungefähr zehn kleine Hütten, die um einen offenen Platz in der Dorfmitte herumstanden. Das Dorf war über eine Meile vom Fluss entfernt, und es gab keinen Brunnen. Die Leute mussten daher ziemlich weit laufen, wenn sie Wasser haben wollten.
Die Leute mussten also für etwas Wasser sehr weit laufen, und das Leben war hart. Es wurde noch schlimmer, als, eines Tages, Gerüchte aufkamen, dass im Sumpf nicht nur Bestien lebten, sondern auch böse Geister.
G… Geister?
So sagten die Leute. Es gab seltsame Lichter, die die Leute im Dunkel gesehen hatten, gruslige und ungewöhnliche Erscheinungen.
Ich weiß… Irrlichter. Vor denen muss man aber keine Angst haben.
Nicht vor Irrlichtern. Aber das waren keine Irrlichter. Auch diese Leute hatten bereits lange in der Nähe des Sumpfes gewohnt und wussten, wie Irrlichter aussehen. Wie sie manchmal an einer Stelle zu schweben scheinen und sich dann wieder bewegen. Aber diese Lichter – sie bewegten sich nicht nur viel schneller, sie hatten auch die falsche Farbe.
Die falsche Farbe?
Ja, einige waren leuchtend gelb, einige waren blutrot, einige waren weiß, andere wiederum blau. Die Leute wussten nicht, was sie davon halten sollten. Die Leute hatten Angst.
Das kann ich mir vorstellen. Das muss ja richtig gefährlich gewesen sein.
Die Leute trafen sich auf dem freien Platz zwischen ihren Häusern und besprachen, was sie tun sollten. Einige Leute wollten nachsehen und und einige Leute wollten einfach fortziehen.
Die hatten wohl wirklich Angst. Hätte ich aber auch gehabt, glaube ich. Aber einige wollten nachforschen? Wer war das?
Das waren die jungen Bewohner des Ortes.
So jung wie ich?
Nein, sie waren schon ein Stück älter. Es waren 5; 2 Burschen und drei Mädchen, die beiden Jungs waren mit zwei der Mädchen verlobt, und sie ließen das letzte Mädchen aus Mitleid mitkommen, weil sie nie einen Mann finden würde, so hässlich wie sie war.
Ooooh…
Mitleid war sicher dabei, auch wenn sie später zugaben, dass sie ihre witzigen Kommentare schätzten. Wie auch immer… Diese fünf beschlossen, los zu ziehen und nachzusehen, was da los war, gerade als die Dörfler beschlossen hatten fort zu ziehen. Die Gespräche waren erhitzt gewesen, weil einige Leute nicht ihre letzten Besitztümer verlieren wollten. Es war schließlich der Hufschmied, dessen Meinung alle überzeugte. Er, ein Bär von einem Mann…
So wie Papi?
Ja, ein wenig wie dein Vater. Allerdings muss ich dazu sagen, dass mein Sohn – dein Vater – nie unrasiert herumgelaufen wäre, wie es bei diesem Schmied der Normalfall war. Er gab sogar öffentlich zu, dass er Todesangst hatte, und begann sogar zu weinen. Als sie das sahen, beschlossen die Leute, fort zu ziehen.
Aber wenn jeder fortgezogen ist, wie konnten die fünf dann nachsehen?
Oh, die Leute brauchten noch ein paar Tage um alles zu packen, was sie mitnehmen würden. Auch wenn das für die meisten nicht sonderlich viel war, denn sie hatten ihre letzten Ersparnisse in die Häuser gesteckt. Und so kam es, dass am Abend vor dem allgemeinen Fortzug, als die Lichter wieder sehr aktiv waren, die fünf in den Sumpf gingen und sich das ganze näher ansahen.
Hu… Gruselig. Und haben Sie die Geister gefunden, die sie suchten? Sind sie wieder zurückgekommen?
Oh ja, sie kamen zurück, aber nicht mit Geistern. Sie brachten etwas anderes. Ein paar Laternen, die im Sumpf versteckt waren, in denen farbiges Pergament um die Lampen herum angebracht war.
Farbiges Pergament? Oh, die Geister waren also gar keine Geister? Aber wer hatte versucht, sie zu verscheuchen?
Als die Leute erst einmal erkannten, dass es nichts gab, wovor man Angst haben müsste, begannen sie nachzudenken. Und dann stellten sie fest, dass einer von ihnen nur ganz wenig gepackt hatte, als ob er nur ein paar Tage weg gehen wollte. Sie stellten diesen jemand zur Rede – und ja, er steckte hinter den Lichtern.
Aber wer war es?
Och, das war der Schmied gewesen. Er hatte eine natürliche Quelle im Sumpf entdeckt, keine hundert Meter von seinem Haus entfernt, und hatte die Idee, wenn er alle aus dem Dorf vertreiben könnte, könnte er die Häuser an einige neue Siedler verkaufen, die nichts von der Vergangenheit wussten. Vielleicht hatte er sogar gehofft, den Betrug ein paar Mal durchziehen zu können.
Hatte er denn nicht auch Angst gehabt?
Er hatte nur so getan als ob. Zuerst hatte er gar nichts gesagt, aber als die Leute sich nicht entscheiden wollten, argumentierte er dafür das Dorf zu verlassen, und gab so den Ausschlag.
Was hat das Dorf mit ihm angestellt? Ihn vertrieben?
Nein, sie taten etwas, dass sie für viel gemeiner hielten.
Haben sie ihn getötet?
Noch schlimmer..
Was haben sie getan?
Ich hatte doch von dem Mädchen erzählt, das so hässlich war? Sie zwangen ihn, sie zu heiraten und Dorfschmied zu bleiben. Jetzt, da sie seine Tricks kannten, war er machtlos.
Ich verstehe. Ja, das war wohl grausam.
Nun… Das dachten sie auch.
Lichter im Dunkeln, und die Leute hatten Angst. Aber… War die wirkliche Dunkelheit nicht in ihren Herzen? Die Angst vor dem, was man nicht kennt?
Du siehst eine Menge, mein Kleiner. Ja, so kann man das sehen.
Und die wahren Lichter waren die fünf, die herausfanden, was los war.
Genau. Es ist immer wichtig zu erkennen, was ein richtiges Licht ist, und was Dunkelheit.
Und der Schmied, dieser böse Mann…
Oh, er war nicht böse. Er war nur selbstsüchtig. Das ist nicht das gleiche – man kann Selbstsucht überwinden. Wenn du Leute hast, die dir helfen, kannst du sie überwinden und eine gute Person werden.
Das Licht sehen?
Hm. Nicht die Laternen, aber ja.
Was ist denn hier los? Bist du immer noch nicht im Bett?
Oh Opa, ich hatte Oma gebeten, mir eine Geschichte zu erzählen. Und gehe jetzt nach Bett.
Gute Nacht, mein Kleiner.
Nacht.
Gute Nacht, Opa, gute Nacht, Oma Einauge.
…
So, ich denke, er schläft jetzt.
Das glaube ich auch. Du kannst gut mit Kindern umgehen, weißt du das?
Ich weiß.
Was für eine Geschichte hast du ihm erzählt?
Och… Nur eine alte Geschichte.
Nur eine alte Geschichte?
Oh ja, über ein junges Dorf, und Lichter in einem Sumpf
Das ist lange her.
Lange her. Aber ich erinnere mich noch.
Ich auch, aber das ist ja nicht ungewöhnlich
So kann man glaube ich sagen. Bereust du es?
Was bereuen? Dass ich dich unter Zwang heiraten musste? Etwas Besseres konnte mir gar nicht passieren, wie ich jetzt weiß.
Ja. Es wurde alles besser, nicht wahr?
Und wie. Ich brauchte einige Zeit, es einzusehen, aber am Ende wurde es mir klar. Verdammt, ich liebe dich.
Ich liebe dich auch.