Der dritte Teil der Geschichte. Dusan gibt hier seinen Bericht, was er bei der Verfolgung des Unbekannten gesehen hat – bis zum Ende der Episode mit dem Zahnreißer.
Dass es nicht schneller vorangeht, muss man Millefleurs zum Vorwurf machen – sie scheint hier doch arg detailverliebt zu sein. Ist das nur ein Versuch, Dusan seinen Platz in der Hackordnung deutlich zu machen?
Dusan fragte sich, ob er sie im Markt ganz einfach übersehen hatte, oder ob sie ihm einfach alles glauben würde, was er ihr erzählte. Während er ihr zum Besprechungsraum folgte, beschloss er, nichts hinzuzuerfinden. Er war sich sicher, dass er als Jahrgangsbester diesen Test mit Bravour bestehen würde.
"Was gibt es zu berichten?" Millefleurs lächelte ihn an.
"Die Person ging zum Markt und dann wieder zurück. Während ich ihm dahin folgte, wo er wahrscheinlich wohnt, wurde ich schon wieder herein gerufen."
"Geht es auch noch ungenauer?"
"Häh?" Dusan blickte sie an, durch den scharfen Tonfall mehr erschreckt als durch die Ironie in ihren Worten. "Was meinen Sie?"
"Person ging zum Markt und zurück. Das wäre kaum ausreichend, wenn es ein Überwachungsbericht über mehrere Wochen wäre, aber sicher nicht für einen Bericht über eine Aufgabe, die etwa zwei Stunden beanspruchte."
Zwei Stunden? Dusan dachte nach. Ja, das konnte ungefähr hinkommen, dachte er. "Was ist noch wichtig?"
"Fangen wir am Anfang an. Als Sie begonnen, ihm zu folgen – sein Name ist übrigens Andrax Lamann, ich erkannte ihn erst, nachdem ich die Aufgabe erteilt hatte – ging er wohin?"
"Auf den Markt."
"Ging er direkt zum Markt? Und auch, wenn er direkt hinging, gibt es drei mögliche Wege von dort, wo die Überwachung begann. Welche Straßen nahm er? Hat er jemanden unterwegs gegrüßt? Irgend etwas ungewöhnliches getan?"
Dusan seufzte. "Er ging direkt zum Markt durch die Goldene Ochsenkutschenstraße. So weit ich sah, hat er niemanden unterwegs gegrüßt, nirgendwo angehalten und nicht einmal einen Blick in die Auslagen von Larten's 'Emporiumme der Merckwürdigkeiten' geworfen."
"Wohin ging er auf dem Markt?"
"Da war ein Zahnreißer, und er ließ sich einen Zahn ziehen. Dann hat er eingekauft – Fleisch, Wein, Käse, einige Kräuter – und ging dann wieder."
Millefleurs schloss ihre Augen einen Augenblick lang. "Es gibt heute mindestens vier Zahnreißer im Markt – dies ist eine große Stadt, und sie haben genug zu tun. Zu welchem ging er?"
"Vier? Ich habe nur einen gesehen. Es war im Teil des Marktes, der direkt ans Königsviertel angrenzt. Ich denke, das sollte es beschreiben – er hat den Teil des Marktes nicht verlassen und ich habe keine anderen Zahnreißer gesehen, ich gehe davon aus, dass die andere irgendwoanders stehen."
"Ja, natürlich gehen Sie davon aus. Was geschah genau?"
"Wieso genau? Er steig auf die Plattform, ließ sich einen Zahn ziehen und ging wieder." Was war daran so schwer zu verstehen? Oh, Moment, jetzt verstand er. Manche Leute, wenn sie anderen etwas beibringen sollten, konnten sehr pingelig über Details sein. Anscheinend war ihm so jemand aufgehalst worden. Großartig!
"Wartete er einen Moment, bevor der auf die Plattform stieg, oder ging er direkt hinauf? Gab es vorher schon Anzeichen, dass er einen schmerzenden Zahn hatte, bevor er auf die Plattform stieg?"
Ha! Jetzt konnte er beweisen, dass er ein Auge für Details hatte. "Er wartete etwa vier Minuten, weil der Zahnreißer einen anderen Kunden behandelte. Aber ich sah, dass er seine linke Wange rieb, bevor er hochstieg, er hatte den Zahn also schon vorher."
"Und noch früher schon ein Anzeichen?"
"Nicht dass ich es bemerkt hätte. Ich habe aber auch nur seinen Rücken gesehen, während er lief."
"Hat er je die Hand hochgenommen?"
"Da habe ich nicht drauf geachtet."
"Warum nicht?"
Er sah sie erstaunt an. "Warum nicht?"
"Genau: Warum nicht? Die Aufgabe war, ihn zu beschatten und alles zu berichten, was er tat. Und Sie wissen nicht, ob er seine Hand zur Wange hob oder nicht."
"Macht das einen Unterschied?"
"Wenn man jemanden beschatten soll, ist es nicht die Aufgabe des Beschatters zu entscheiden, was wichtig ist und was nicht. Unwichtige Informationen können immer noch ignoriert werden."
Langsam würde er ärgerlich. Wer dachte sie, dass sie war? Eine Bürgerliche, die ihn behandelte wie… wie… Ach, es war wohl besser, sie jetzt gewähren zu lassen und es ihr dann heimzuzahlen, wenn er die Prüfungen bestanden hatte.
"Nun, nachdem der Zahn gezogen war…"
"Nicht so schnell. Welcher Zahn wurde gezogen?"
"Woher soll ich das wissen? Ich stand nicht auf der Plattform!"
"Weißt Du wenigstens, aus welchem Bereich des Mundes der Zahn gezogen wurde?"
Er lächelte. "Natürlich weiß ich das. Links." Gut, dass er bemerkt hatte, welche Wange der Magier gerieben hatte.
"Ober- oder Unterkiefer?"
"Geht das nicht etwas weit?"
"Seltsamerweise ist es einfacher zu sehen, ob ein Zahn aus dem Ober- oder Unterkiefer gezogen wird als ob es ein linker oder rechter Zahn ist, zumindest wenn der Zahnreißer vor dem Kranken steht. Wenn Du sehen konntest, dass es ein linker Zahn war…"
"Hmm…" Verzweifelt rief er sich das Bild wieder vor die Augen. "Oh, ja, der Zahnreißer zog nach oben. Es muss also ein Zahn aus dem Unterkiefer gewesen sein." Er runzelte die Stirn. Irgendetwas an dem Bild störte ihn, aber er konnte nicht sagen, was.
"Er ließ sich also einen Zahn unten links zeiehn?"
"Das sagte ich doch."
"Und was geschah hinterher mit dem Zahn?"
"Der wurde mit den anderen in einen Eimer geworfen."
"Den anderen?"
"Der Zahnreißer hatte einen Eimer mit Zähnen. Da hat er auch diesen Zahn hinein geworfen."